Orgasmic Meditation ist eine dieser Sachen, wie sie nur in San Francisco entstehen können.
Halb New-Age Sextualtherapie, halb Yoga-Meditation konzentriert man sich beim "OMen", wie es von seinen Anhängern genannt wird, voll auf den weiblichen Orgasmus, ohne die Einschränkungen der üblicherweise praktizierten Sexualität. OMer ziehen sich ihre Latexhandschuhe an, Packen das Gleitgel aus, stellen den Wecker und machen sich darab an ihrer Partnerin zu "arbeiten". Der Orgasmus ist dabei allerdings nicht das Ziel und nach 15 Minuten, wenn die Sitzung vorüber ist, macht jeder einfach in Tagesablauf weiter.
Vergesst Vibratoren, Spielzeuge oder andere spezielle Techniken. OMer sagen, es geht bei Orgasmic Meditation vor allem darum, einen bestimmten Teil der Klitoris gezielt für 15 Minuten zu streicheln. Die Stellung ist bei jeder Orgasmic Meditation exakt die gleiche und jede Sitzung findet auf einer Anordnung aus Yogamatten und Polstern statt, die als "Nest" bezeichnet wird.
Sobald der Wecker klingelt ist es vorbei, das war's. Danach gibt es kein Vorspiel, keinen Sex und kein Gefühl von Verpflichtung. Es geht einzig darum, 15 Minuten komplett darauf fokussiert zu sein, dem anderen Lust zu bescheren. Struktur und Wiederholung, sind ebenso Prioritäten beim OMen wie Genuss.
Warum also genau 15 Minuten? Eines der Schlüsselelemente beim OMen ist die zeitliche Beschränkung. Sie nimmt dem Stimulierenden den Druck, die Stimulierte unbedingt zum Orgasmus bringen zu müssen. So wird der Orgasmus zur Nebensache. Vielleicht kommt sie, vielleicht aber auch nicht. Aber es geht ja so oder so nicht um den Höhepunkt, sagt die Gründerin Nicole Daedone in einem TED-Talk in San Francisco.
Daeone spricht mit dem Feuer einer spirituellen Anführerin, wenn sie erzählt, dass es bei Orgasmic Meditation einzig um die Verbindung zwischen beiden Menschen geht. Durch die Konzentration auf eine kleine Bewegung verlieren sich die beiden Praktizierenden ineinander und schaffen es so, sich auf einer höheren Ebene miteinander zu verbinden. Sie argumentiert, dass unsere derzeitige Fixierung auf den Orgasmus uns davon abhält, richtige Lust zu erfahren. Oder, mit ihren Worten: "Der flüchtige Moment des Orgasmus nimmt den Rest des Aktes in Geiselhaft."
Ihre Idee ist nicht neu: Viele moderne Sexualwissenschaftler haben bereits darauf hingewiesen, dass es helfen kann, das Streben nach Orgasmen oder auch den Akt der Penetration vom Spielplan zu nehmen um, ironischerweise, ein erfüllteres Sexualleben zu haben. Weniger Druck und weniger Erwartung bedeuten oftmals besseren Sex.
Anderenfalls stehen Lustgewinn und Orgasmus so sehr im Mittelpunkt, dass am Ende keins von beiden erreicht wird.
Das OM Training legt großen Wert auf Einverständnis und Zusammenarbeit: OMer üben Kommunikation - auch im sexuellen Bereich: Sie werden angehalten mit ihrem Partner Rücksprache zu halten, zu verbalisieren, was gerade passiert, was sie als nächstes tun werden und über ihre Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen. Ein höchst sinnvoller Ratschlag in einer Kultur, in der es völlig vernachlässigt wird Menschen diese Grundfähigkeiten zu vermitteln.
Bei Daeone's Unternehmen, OneTaste, gibt es diesen Rat natürlich nicht umsonst:
Ein Kurs für Einsteiger, ein Kommunikations-Kurs oder eine Spielgruppe kosten etwa 200$. Ein Kurs für Könner, Vertiefungs Kurse oder individuelles Coaching kosten zwischen 4.000 und 15.000$.
Die Methode präsentiert sich auf der Website ansprechend verpackt und wettbewerbsfähig: "Reflektiert und strukturiert mit wiederholbaren Resultaten" ist das Mantra, das man sowohl im Internetauftritt der Firma als auch auf allen ihren Marketing-Materialien findet.
Das Marketing von Onetaste wird stellenweise ein bisschen sehr pseudo-spirituell.
Ein 8.000$ Kurs wird zum Beispiel als die Möglichkeit, sich Nicole Daedone auf der "Reise in die 4. Dimension" anzuschließen, beworben: "5 Tage lang alles loslassen, was einen in der 3. Dimension hält und in die magische Welt der Orgasmus Alchemie abtauchen".
Einmal abgesehen von korrekten physikalischen Vorstellungen, bedient OneTaste offenbar ein sehr spezielles Publikum.
Orgasmic Meditation stellt zweifellos die weiblichen Lust in den Vordergrund und ist eindeutig auf heterosexuelle Paare ausgerichtet.
Daeone schreibt in ihrem Buch "Slow Sex" Orgasmic Meditation sei "eine Methode, mit der jeder Mann in nur 15 Minuten den Orgasmus aus jeder Frau heraus streicheln kann".
Jedes Video und jede Information auf der Website verweisen auf ihn als den Geber und sie als die Empfängerin der Lust.
Daeone hat es sich eben auf die Fahnen geschrieben, ein Problem zu lösen, das sie "das Mantra der westlichen Frau" nennt.
Beim San Francisco TED-Talk beschreibt sie dieses wie folgt:
"Ich arbeite zu hart. Ich esse zu viel. Ich mache zu viele Diäten. Ich trinke zu viel. Ich kaufe zu viel. Und immer noch ist da dieser Hunger, den ich nicht stillen kann".
Orgasmen, so behauptet sie, können das heilen.
Ein Gastbeitrag, übersetzt von Tine von fuck.com
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