Inzwischen treibt mein neues Leben als Single mich immer wieder auf meine Lieblings-Casual-Dating-Seite “Poppen.de”. Seltsame Namensverbindung: Poppen und Casual Sex = zwangloser, ungezwungener Sex. Als ob man sonst immer zum Sex gezwungen wird. Naja, in Ehen muss man poppen. Geschlechtsverkehr gehört da schließlich zu den “ehelichen Pflichten”, wie es formaljuristisch heißt. Ach Leute, dass ist doch irgendwie fürn Arsch. Ich bin für sexuelle Freiheit! Jetzt als Single mehr denn je. Die würde ich mir auch in einer neuen Beziehung bewahren wollen. Irgendwie. Sollte man jedenfalls drüber sprechen. Aber erst muss ne neue Beziehung her, damit man überhaupt über sowas reden kann.
So eine romantische Weihnachts-Kuschel-Zweierbeziehung wäre für die saisonale Balance meines Testosteron Haushalts nicht schlecht. Außerdem ist eine frische Liebe jetzt für die Feiertage stimmungsvoll - und dazu auch noch äußerst nützlich, weil ansonsten Muttern am heiligen Abend kein anderes Thema kennen wird, als ihre Sorgen über mein Single-Dasein ständig zu wiederholen. Es besteht also die akute Gefahr, beim Feiertags-Familien-Hopping sowohl bei Muttern und Vaddern und am 1. Feiertag auch bei Oma und weiteren Verwandten als Solist ein bisschen doof dazustehen. Hab’ keine Lust zu sagen, sorry, ich mach es mir selbst, hab niemand, der mir dabei hilft. Naja, vielleicht etwas gewählter ausgedrückt. Aber seien wir mal ehrlich, im Endeffekt läuft es doch darauf hinaus. Auf die dementsprechend mitleidigen Blicke der Verwandtschaft kann ich gern verzichten.
Mal am Rande erwähnt: Mein Single-Dasein treibt mich regelmäßig zu McFit. Das trägt Früchte und keine Frau sollte mir eigentlich widerstehen können. (hahaha sorry, wollte mir mal kurz einen selbstironischen Lacher genehmigen.) Doch wo und wie kann ich den Ladys diese körperliche Pracht präsentieren? Ne, ich meine nicht den Penis, sondern den inzwischen gewachsenen Sixpack, Trizeps und Latissimus.
Hatte dann die Idee, mich mit freiem Oberkörper am Fotowettbewerb auf meiner oben erwähnten Lieblingsdating-Seite zu beteiligen. Irgendwann landeten dafür 530 Punkte auf meinem Konto und jede Menge Besucher auf meinem Profil. Es flatterten sogar ein paar Nachrichten in mein Postfach. Männer schickten ihre Schwanzbilder oder boten ihren Arsch oder beides zur Nutzung an. So verlockend, um da zuzugreifen fand ich beides nicht und schon gar nicht wenn die Fotos auch noch mit der Aufforderung verbunden waren: “Fick mich hart, du Hengst!” Gruselig! Doch dazwischen tauchte, wie eine unverhoffte Oase in der Wüste, die Nachricht einer Lady auf: “Na Du, wie gehts?” Mehr nicht. Muss sie auch nicht schreiben. Ihre Profilfotos waren total schön. Richtig liebes Lächeln.
Ich mach es kurz. Wir schrieben uns ein paar Tage lang, tauschten unsere WhatsApp Nummern und verabredeten uns schließlich. Bingo! Mein erstes Date in einem Cafe! An einer Straßenlaterne war ein Liegefahrrad mit ungefähr 5 Schlössern angekettet. Durch die Scheibe erkannte ich die Lady. Sie sah noch viel hübscher aus, als auf ihren Fotos. Nie mehr, seit meiner pickeligen Pubertät, klopfte mir so sehr das Herz wie in diesem Moment, als ich das Café betrat. Diese Frau ist der absolute Jackpot, schoß es mir durch den Kopf - was für den Klos im Hals nicht unbedingt förderlich war.
Ihr Lächeln war unbeschreiblich. Ich versuchte ebenso gewinnend zurück zu lächeln, trat in einen Hundetrinknapf, der neben der Türe stand und versuchte mit nassem Hosenbein und coolem Schlendergang nun unfallfrei zu ihrem Tisch zu kommen. Wir begrüßten uns etwas linkisch. Ich bemerkte trotzdem sofort ihr Wohlwollen. Dann setzte ich mich und mir fiel ab diesem Moment überhaupt nichts ein, was ich sagen konnte. Schmierige Komplimente über ihre Schönheit hatte ich mir schon im Vorfeld bewusst verboten. Wir bestellten und grinsten verlegen und rührten in unseren Cappuccinos so intensiv, dass die Sahne darin fast zu Butter wurde.
Durch die Scheibe bemerkte ich wieder das Liegefahrrad und sagte: “Hast Du schon mal ein Verkehrsmittel gesehen, dass weniger sexy ist als so ein Liegerad? Gehört bestimmt einem Öko in Strickjacke und Birkenstock-Schuhen.” Mein Blick schwenkte breit grinsend vom Rad auf die Hübsche und mit Entsetzen sah ich, dass ihr liebliches Lächeln plötzlich eingefroren war, ne, eigentlich waren die Gesichtszüge erst entgleist und dann eingefroren.
Ich habe übrigens nicht darauf geachtet, als sie empört das Café verließ, ob sie tatsächlich Birkenstock-Schuhe an hatte.
Etwas Gutes hat die Sache jedenfalls. Ich brauche mich in diesem Jahr um kein Weihnachtsgeschenk für eine Freundin kümmern.
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