An den knallroten, plüschigen, zuckersüßen und herzverzierten Auslagen in allen Geschäften merkt man: der Valentinstag rückt näher. Kein Supermarkt, Blumenladen oder findiger Haushaltswarenhändler, der nicht die Gelegenheit nutzt und mit in den Chor der Einzelhändler einstimmt: Zeig deine Liebe - gib uns dein Geld! Es gibt ja viele Klischees und Vorurteile gegenüber den Geschlechtern. Aber eins stimmt nach meiner Beobachtung tatsächlich: wir Frauen neigen dazu, unausgesprochene Erwartungen zu haben. Und dann enttäuscht zu schmollen, wenn der*die Liebste sie nicht erfüllt. Welche Gelegenheit wäre also ein besserer Schauplatz für enttäuschte Erwartungen und unerfüllte Wünsche, als der Valentinstag? Ich hab da mal ein paar knallharte Fakten gesammelt:
Laut einer Studie des Blumenbüro Holland scheinen die Deutschen auf den ersten Blick ziemliche Valentins-Muffel zu sein. 77 Prozent der Befragten finden den Valentinstag zu kommerziell. Romantik-Verweigerer sind wir deshalb aber noch lange nicht: Zwei Drittel der Befragten finden, sie können auch an jedem anderen Tag Liebe geben, ein festgelegtes Datum braucht es dafür nicht. Trotzdem kauften 58,2 Prozent der Männer und immerhin 50,8 Prozent der Frauen letztes Jahr ein Valentinstagsgeschenk. Am beliebtesten waren die Klassiker Blumen und Pralinen. Nur 6,4 Prozent verschenkten Elektrogeräte, und dabei hoffe ich wirklich, dass es sich wenigstens um bunte Lustbringer der Kleinelektroindustrie handelte!
Ich mag es ja deep and dirty, deshalb bin ich für euch noch tiefer in die Materie eingestiegen. Eine kleine, nicht-repräsentative Umfrage unter unsterilen Laborbedingungen in meinem Bekanntenkreis ergab: 75 Prozent der Männer in Beziehungen blicken dem diesjährigen Valentinstag mit Verunsicherung entgegen. 69 Prozent der Frauen geben zwar zunächst an, keine besonderen Erwartungen an diesen Tag zu hegen. Auf Nachfrage wären aber trotzdem 52 Prozent enttäuscht, wenn der*die Partner*in den Valentinstag einfach ignorieren würde. Nicht unerwähnt bleiben sollen die 3 Prozent der befragten Personen, die entsetzt antworteten: was, schon wieder Valentinstag?
Mit welchen Erwartungen jemand dem Tag der Verliebten entgegenblickt, sagt etwas über sein Innenleben aus. Erwartungen sind nicht nur eine Skala für die Größe des eigenen Egos. Sie können auch Gradmesser für Unsicherheiten sein: Liebt er mich noch? Bin ich ihr wichtig? Oder auch: Liebt sie mich auch ohne teure Geschenke? Auch ist nicht jede*r in der Lage, seine*ihre Bedürfnisse und Sehnsüchte klar zum Ausdruck zu bringen. Die Erwartungshaltung, der*die andere werde schon wissen, was zu tun ist, scheint die bequemere Alternative zu sein. Und tut am Ende so viel mehr weh, wenn der*die andere ebendiese Erwartungen nicht erfüllt.
Unausgesprochene und übermäßig hohe Erwartungen sind also ein potentieller Quell für Streit und Enttäuschung. Hast du deine*n Partner*in eigentlich schon mal gefragt, was er*sie vom Valentinstag hält? Du kannst damit einen großen Brocken Konfliktpotential aus dem Weg räumen. Und was ist eigentlich deine eigene Einstellung zu diesem Tag? Selbst wenn eure Wünsche und Erwartungen unterschiedlich sind - ein*e Valentinsmuffel*ine und ein*e Romantiker*in - was spricht dagegen, sich in der Mitte zu treffen? Für den*die Romantiker*in ist es ein umso größeres Geschenk, wenn er*sie um das Entgegenkommen des*der anderen weiß.
Wenn es dir schwer fällt, deine Wünsche gegenüber dem*der Partner*in auszusprechen, dann ist der Valentinstag eine gute Gelegenheit, das zu üben. Immerhin bietet er die Möglichkeit, zwischen Alltag und Arbeit auch mal wieder etwas Romantik zu pflegen. Würdest du dich über eine Überraschung freuen? Dann schlag ganz konkret vor, dass ihr euch gegenseitig ein kleines Geschenk machen könntet. Es geht weder um die Größe noch den Wert des Geschenks. Sondern darum, sich zu zeigen, dass man aneinander denkt und der*die andere einem immer noch wichtig ist. Am Ende ist es fast egal, ob du dich für Blumen, Dessous oder die Erledigung einer lange liegen gebliebenen Aufgabe entscheidest - die Geste zählt.
Mein Freund und ich feiern regelmäßig unsere Beziehung. Indem wir nämlich jeden Monat wieder das Datum unseres Kennenlernens mit einem schönen Abendessen begehen (mal zuhause, mal im Restaurant), haben wir dem Valentinstag sein Gewicht genommen. Trotzdem merke ich beim Schreiben dieser Kolumne, dass auch ich mich über eine Überraschung freuen würde. Weil mir warm ums Herz wird bei der Vorstellung, dass er sich Gedanken für mich macht. Und weil diese knisternde Vorfreude viel mehr wiegt, als das eigentliche Geschenk, mache ich es dieses Jahr so: Ich werde ihn jetzt gleich nach seiner Einstellung zum Valentinstag fragen. Und egal, wie die Antwort ausfällt, auch meine Gefühle in Worte fassen. Weil genau das Liebe bedeutet: dem anderen mit offenen Händen sein Herz reichen.
Wie stehst du zum Thema Valentinstag? Geschenke - selbstverständlich oder Kommerzmist? Bist du eher der Blumentyp oder Mitglied im Team Gutschein? Und wie geht es eigentlich euch Singles mit dem ganzen Trubel um diesen Tag? Ich bin sicher, es ist ein polarisierendes Thema und bin gespannt auf eure Kommentare!
Lotta Frei (geb. 1979) ist Bloggerin, Buchautorin der Swingerclub-Bibel und lebt in einer offenen Beziehung. Für Poppen.de berichtet sie in ihrer Kolumne "Lottaleben" über ihre sexuellen Fantasien.
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