Verhindertes Schamlippenbekenntnis

[Sy****]

"Ein unvergessener Abend für Liebende."
So wurde es betitelt.
Gewonnen hatte ich den Aufenthalt in einem Preisausschreiben.
Wo, habe ich vergessen. Könnte in dem Kaninchenzüchtermagazin gewesen sein oder der Schnupftabakzeitschrift.
Egal.

Da saß ich also in diesem Lufttaxi, das gerade zur Landung auf dem Dach des Hotels ansetzte. Etwas schwindelig war mir und das Herz hämmerte bis zum Skalp.
Flug- und Höhenangst. Eine beschissene Kombination. Wirklich.
In einem früheren Leben muss ich wohl Hochseilartist gewesen sein.
Ausgleichende Gerechtigkeit oder so.

Die Tür des Gefährts schwang auf und ich quälte mich aus dem Sitz.
Leises Zischen ertönte, als sich die pneumatischen Eingangstüren öffneten.
Nette Aufmachung in der Eingangshalle. Gedämpftes Licht in violetten Farben und irgendwelche klimperhaltige Weisen ließen akutes Wohlgefühl bei mir aufkommen.
Hinter dem Schalter saß einer dieser Serviceandroiden neuerer Bauart.
Mit dem typisch schnarrenden Singsang in der Stimme ließ er eine verbale Sprechblase aufsteigen:
"Mein Herr, wie kann ich Ihnen zu Diensten sein?“.
Daten und Gutscheine nahm er ziemlich gelassen entgegen und bestätigte die Angaben:
"Richtig, Sie sind der glückliche Gewinner unseres besonderen Gourmetabends für Liebende. Hier die Keycard, Zimmer 502, der Replikator ist initiiert, wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt."
Den höflichen Knicks verkniff ich mir und nahm die Karte entgegen.

Das Zimmer war schnell gefunden und als sich Tür öffnete, gab sie den Blick auf eine beeindruckende Kulisse frei.
Holoprojektoren hatten den Raum in eine Dünenlandschaft verwandelt. Warmer Wind strich mir sanft über das Gesicht, in der Ferne war das Meeresrauschen zu vernehmen und inmitten zweier Sandhügel eine Decke, die zum chilligen Intermezzo einlud.
Mit einem beherzten Satz nahm ich Platz und mein Blick fiel sogleich auf den Replikator, der gekonnt in die Düne eingearbeitet war.
Hätte ja meinem Spieltrieb nachgegeben, aber es klopfte an der Tür.

Sie war es. Lächelnd wurde ich in den Raum gedrängt und als sie die Tür beiläufig hinter sich zuwarf, fand ich mich in ihren Armen wieder.
"Hab Dich vermisst."
"Komm", sagte ich und zog sie hinüber zum Replikator.
Dieser setzte sogleich an und eine blecherne Stimme ließ uns wissen, dass das Programm nun starten würde.

Im selben Moment materialisierte sich eine Porzellanschüssel, gefüllt mit prallen, roten Erdbeeren. Ich griff das Gefäß und zog sie an der Hand auf die Decke nieder. Schnell hatten wir uns der Kleider entledigt und meine Lippen fanden den Weg zu den ihren. Zungen tanzten Polka und öffneten Hormonfluten die Schleusen.
Immer langsam. Also löste ich mich und entnahm der Schüssel eine Frucht. Der Klassiker: Erdbeere in Bauchnabel. Tausend Mal in Filmen gesehen, jetzt im Selbstversuch.
Langsam wanderte meine Zunge ihr Gesicht, den Hals herunter, um Halt an den prachtvollen Adaptern ihres Glockenturmes zu machen.

Einmal den Bauch entlang und meine Lippen erfassten die Frucht in ihrem Bauchknopf. Mit herzhaftem Biss teilte ich die Beere, als sich feuriger Fruchtsaft in meinem Mund ausbreitete. Üble Sache. Klarer Programmfehler. Außen Erdbeere, innen Chilli. Braucht kein Mensch. Da war Stimmung in der Kehle. Gebratene Mandeln oder so.
Jedenfalls sprang ich auf und stürzte in das Badezimmer, hielt meinen Mund unter den laufenden Wasserhahn. Löscheinsatz an Rachenfront.
Unzählige Liter Wasserspülung später sah ich mich wieder in der Lage, dem Liebesspiel zu widmen und bewegte mich zu der Decke zwischen den Dünen.

Mein purpurbehelmter Krieger war inzwischen auch sichtbar auf Halbmast gegangen. So würde mein Boot kaum in ihrem Fjord ankern können.
Sie grinste mich an.
"Feuriger Einstand, mein Lieber."
Lachen fiel mir noch ziemlich schwer zu diesem Zeitpunkt. Wie auch, wenn deine Geschmacksnerven gerade an die Sargwand geklopft haben.

Ein Kerl ist kein Kerl, wenn er das nicht lässig aus dem Hemd schüttelt. Also griff ich mit beiden Armen unter ihr bemerkenswertes Fahrgestell und hoffte auf baldige Aufrichtung des Schlagbaumes.

Ein zischender Laut ertönte. Der Luftzug ließ die Haare tanzen, während ein Teller nur knapp an meinem Kopf vorbeirauschte und sich in einer Düne hinter unserem Liegeplatz bohrte. Bevor ich die Lage realisieren konnte, ertönte ein schepperndes Geräusch und im Replikator wurde eine Ananas materialisiert, die im nächsten Moment begann, auf eine gewaltige Größe anzuschwellen.
In mir keimte eine drohende Vorahnung auf, als die Frucht mit einem heftigen Knall explodierte und uns vollständig mit kleinen, klebrigen Ananassplittern bedeckte.
Wir sprangen auf, um Deckung zu suchen. In diesem Moment ließ uns lautes Brausen zusammenzucken.
In der Ferne war eine dunkle Wolke auszumachen, die schnell Kurs auf den Liegeplatz nahm.
Nein, auf den herannahenden Sandsturm konnten wir gerne verzichten.

Was soll ich sagen?
Das Hotel haben wir letztendlich fluchtartig verlassen.
Preisausschreiben können mir künftig gestohlen bleiben.
Dann lieber einstweilige Vergnügung unter Sternenhimmel.
Oder so.