Jump to content

Zeitreise (Teil 1)


Empfohlener Beitrag

Der Text ist hei

Um weiterlesen zu können benötigst Du einen Account.
Jetzt kostenlos registrieren!

Jetzt registrieren
Geschrieben

Wieder so ein Ereignis, vor dem man auch noch lange Zeit später staunend steht. Selbst im Nachhinein kommt es mir noch recht unwirklich vor.
Dennoch ist es passiert.
 

Vor ein paar Jahren hatte ich beruflich in der Nähe der Stadt zu tun, in der ich aufgewachsen bin.
Wie ich auf die Idee gekommen bin, nach meinem Termin dort noch mal hin zu fahren, weiß ich nicht mehr genau. Dennoch verschaffte mir diese Idee in wunderschönes Erlebnis.

Ich weiß noch, dass es im Spätsommer war – ein wirklich sehr warmer Tag. Am späten Vormittag hatte ich also meinen Termin erledigt und es war noch Zeit. 
So fuhr ich mit dem Wagen also einige Kilometer zu dieser Stadt, um mich dort noch einmal umzusehen. Ich lenkte dem Wagen über die Umgehungsstraße und bog schließlich auf die Ausfahrt ab, die in das Viertel führte, in dem ich groß geworden bin.
Eine Vorstadtsiedlung, die durch eine breite Straße geteilt wurde. Es war um die Mittagszeit, als ich langsam mit dem Wagen unter den Bäumen hindurch zockelte und viele Erinnerungen standen auf. Hier hatten wir gespielt, sind mit unseren Fahrrädern herumgedonnert.

Nach einiger Zeit sah ich hinten an Kreuzung diesen kleinen Kiosk und erinnerte mich sofort: hier hatten wir immer Gelegenheit uns Eis und kleine Erfrischungen zu besorgen.

Aber der war sicher schon seit langem geschlossen. 

Langsam fuhr ich auf die Kreuzung zu und wunderte mich: der Kiosk schien tatsächlich noch in Betrieb zu sein.

Neugierig bog ich ab und sah zu dem flachen Gebäude an der Straßenecke hinüber: zwar ließ sich auf die Entfernung keine Auslage mehr in dem großen Schaufenster mehr erkennen, aber die mir gut bekannte Tür stand weit offen.

Ich hielt mit dem Wagen in einiger Entfernung in einer Parkbucht und stieg aus.

Keine Ahnung, was mich getrieben hat, in den Laden zu gehen.

Die Auslagen im Fenster waren abgebaut, dafür standen dort ein paar hohe Hocker um Bistrotische. Die Theke war noch genau so, wie ich sie in Erinnerung hatte, auch der hintere Raum rechts daneben enthielt noch die gleichen Regale mit Lebensmitteln, Obst, Zeitungen und anderem Allerlei.

Neugierig sah ich mich eine Zeit lang um.

Dann kam Lisa.
Ich weiß noch, der Laden gehörte Lisas Mutter und sie half oft aus, damals muss sie vielleicht Anfang Zwanzig gewesen sein, sie war immer freundlich und ich hatte sie noch recht gut in Erinnerung.

Sie erkannte mich natürlich auch sofort, obwohl sicher deutlich mehr als zwanzig Jahre ins Land gegangen waren.

Damals trug sie ihr dunkelblondes Haar recht lang, nun nur noch bis in den Nacken. Über ihrem bunten Kleid eine sicher ziemlich praktische Schürze, die sicher zu ihrer Arbeit hier gehörte.
Sie musterte mich aufmerksam und grinste.

„Hallo Lisa“, sagte ich - immer noch erstaunt, „das ist ja ein Ding.“
Sie lachte und sagte: „Ja, damit war wirklich nicht zu rechnen. Ich erinnere mich noch sehr gut an Euch.“
So standen wir etwas verwundert voreinander.

„Möchtest Du einen Kaffee?“

„Ja, wenn es Dir keine Umstände macht?“
„Nein, es ist ja gleich Mittag, da mache ich ohnehin zu. Setz Dich doch,“ bat sie mich, freundlich wie eh und je.

Damit huschte sie zur Tür, verschloss sie und zog die Rollos über Fenster und Tür zu.

Ich fühlte mich fast in eine andere Zeit zurückversetzt.

Lisa schwebte hinter die Theke und machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen, aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie sie die Schürze ablegte.

Dann kam sie mit dem Kaffee zurück und setzte sich mit blauen Augen mir gegenüber und grinste wieder.
Es entspann sich ein leichtes, langes Gespräch, wir erzählten, was wir so tun, ich erfuhr, dass sie das Geschäft von ihrer Mutter übernahm, ihr Haus hatte sie wohl auch geerbt. Ich erzählte etwas von meinem Lebensweg und nach gar nicht so langer Zeit kamen wir nicht um die „alten Zeiten“ herum.

Und wir erinnerten uns gern. So ging die Zeit, wir lachten viel und ließen Erinnerungen aufleben.

„Ihr wart ja damals ganz schön knackig“, bemerkte sie plötzlich.
„Wie meinst Du das denn?“

„Na meinst Du, ich hätte nicht gesehen, wie ihr damals da hinten um die Zeitungsständer gelungert seid?“ und wies mit einer Kopfbewegung nach hinten.

Tatsächlich waren wir regelmäßig früher hinten im Halbdunkel an diesen Zeitungständern; im unteren Bereich fanden sich dort manchmal Gazetten mit etwas leicht oder gar nicht bekleideten Mädchen.

„Oh… äh.. Du hast uns beobachtet?“

„Naja? Ich war jung“, sie lachte auf.

„Und bei Euren engen Jeans…“

Und ja: wir mussten unsere Eltern quasi auf Knien anflehen, damit wir die damals so angesagten sehr engen Jeans bekamen.

„Ähm… ja“, sagte ich ertappt.

„Sah schon gut aus…“ fand sie, „da konnte man schon was ahnen, so eng wie die Dinger waren.“

Ich hüstelte verlegen. „Naja, wir waren ja noch jung.“, versuchte ich und dachte darüber nach, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.

Aber daraus schien nichts zu werden.
„Und jetzt sicher erfahrener, hm?“

„Och…“

„Och? Ich wollte damals schon immer wissen, wie weit ihr Euch so traut…“, damit stand sie auf, holte sich eine Banane aus der Obsttheke und setzte sich wieder zum mir. Sie sah mich direkt an und befreite die Banane dabei viel zu langsam von ihrer Schale. Ich hatte keine Chance, wegzusehen; auch dann nicht, als sie sich die Banane - wiederum viel zu langsam – ein kleines Stück zwischen ihre Lippen schob und sie ebenso spielerisch wie vermeintlich zufällig feucht wieder entließ. Nicht, ohne meinen Blick festzuhalten.

Sie riskierte einen sehr direkten Blick zwischen meine Beine – so, dass ich es sehen musste, zog kurz die Augenbrauen hoch versenkte die Banane erneut etwas in ihren Mund und biss keck ein kleines Stück oben ab.

Mir war heiß und kalt zugleich.

Lisa grinste mich an. „War ne schöne Zeit damals“, sagte sie versonnen. „Hätten wir uns mal bloß getraut, was denkst Du?“
Ich zuckte irritiert mit den Schultern. „Ich weiß nicht?“

Sie sah nachdenklich auf die Banane und sah mich wieder direkt an.
„Hmmm….“ Pause. „Und… und was traust Du Dich heute?“
Ich hielt ihren Blick und spürte ein merkwürdiges Selbstbewusstsein in mir aufsteigen und hörte mich ruhig sagen: „Willst Du das herausfinden?“

Lisa lächelte kurz.

„Wer weiß?“ sagte sie und stand auf, um die Rollos wieder zu öffnen, die Tür aufzuschließen. Auch ich erhob mich. „Danke für den Kaffee“.
Sie nickte nur und überlegte einen Moment.
„Ich mache gegen halb sechs hier zu. Du könntest mich abholen.“ Pause. „Wenn Du Dich traust“.

 

  • 3 Wochen später...
  • 1 Monat später...
×
×
  • Neu erstellen...