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Erinnerung an einen längst vergangenen Sommer


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Der Text ist hei

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Geschrieben

Wenn ich meine Gedanken zurückwandern lasse an jenen Sommer, der so unendlich heiß war, an träge Tage in der Hitze, an meine Unsicherheiten, an meine so heftigen, sinnlichen Sehnsüchte... ich sehe ihn wieder vor mir, diesen heißen Tag im August, damals in der Stadt, denke mit wehmütigem Lächeln zurück an die aufregenden Tage, als ich anfing, mich zögernd meinen ersten Liebesabenteuern hinzugeben...



Beinahe neun Jahre lang hatte ich keine Haut mehr auf meiner gespürt, hatte ich das Verlangen nach Berührungen, nach Sinnlichkeit, nach Nähe unterdrückt, all meine Wut, meine Angst, auch meine Lust in Alkohol ertränkt, um zu fliehen, nicht daran denken zu müssen, und doch gab es immer wieder diese wachen Momente, in denen meine Haut jede unsichtbare Berührung zu spüren schien, die fantasierte, weiche Hände auf ihr zu kribbelnden, geträumten Liebkosungen werden ließ. 

Es war jener Sommer Anfang der 90er, ich war fast 30 Jahre alt, als ich Babs kennengelernt hatte. Wir waren uns in einem alternativen Frauencafé begegnet, in dem es Radlerinnen und Griechinnensalat auf der Speisekarte gab und das als gemeinnütziges Frauenprojekt gegründet worden war. Meine ersten Besuche waren voller Aufregung und Schüchternheit, ich saß dort oft, hinter Faltblättchen und Infoheften verschanzt, in denen von Frauenreisen, Tantrakursen und Kanufahrten für "Ladies only" geworben wurde, ließ meine Blicke heimlich durch die Räume wandern, gab mich unbeteiligt und kühl, wenn der suchende Blick anderer, ebenso schüchterner Frauen in meine Richtung ging und beneidete die Paare und Grüppchen, die sich gemeinsam lachend an den anderen Tischen unterhielten, Witze rissen, einander kannten. 

An einem solchen Tag war es, als Babs hereinschneite - eine runde, gestandene Frau in Jeans, Ledermontur und mit einem Motorradhelm in der Hand. Sie betrat das Café, sah sich suchend um, trat dann zu mir an den Tisch und fragte ohne Umschweife, ob sie sich zu mir setzen dürfe. Ich nickte möglichst lässig, nahm meine Tasche vom freien Stuhl und sie winkte der Barfrau, die an diesem Tag ihren ehrenamtlichen Dienst dort verrichtete. "Willst du auch was, ich sterbe vor Durst, hast du Lust auf eine Runde Backgammon?" redete sie drauflos, als wären wir schon seit Ewigkeiten miteinander vertraut. Es war unmöglich, in Gegenwart dieser burschikosen, herzlichen Frau mit der rauhen Stimme schüchtern zu sein, noch bevor die bestellten Getränke gebracht wurden, hatte sie das Backgammonboard aufgebaut, mir die Grundzüge des Spiels erklärt und wir waren vertieft in lachendes Erzählen und Spielzüge, die uns beide nicht als Könnerinnen auswiesen, aber Hände und Blicke beschäftigt hielten. Wir freundeten uns schnell an, eine herzliche, komplizenhafte Art, miteinander umzugehen, war von Anfang an zwischen uns, wir erzählten uns offen und unbefangen aus unseren Leben, ich erfuhr, daß Babs noch neu in der Stadt war, in die sie wegen ihrer großen Liebe gezogen war, um dort von ihr verlassen zu werden, und ich erzählte ihr von dem Tag, an dem meine Seele erfroren war. Beide waren wir nicht sentimental, genossen die Gegenwart und Unvoreingenommenheit der anderen, mochten dieselbe Musik, interessierten uns für dieselben Bücher, trafen uns fast täglich zu Bootsfahrten, Clubabenden, Lesungen oder einfach zum Sonnenbaden. 

Es schien, als kennten wir uns schon seit Jahren, als wir uns für einen Wochenend-Nachmittag in meiner Wohnung trafen, die ebenerdig inmitten einer großen Anlage lag, umsäumt von Rhododendron-Büschen und halb hohen Sommerastern. Träge saßen wir auf der Terrasse, tranken Eistee, vor uns ein Würfelspiel, das wir nicht spielten. Babs wirkte etwas bedrückt, ich fragte, was mit ihr los sei, und ich bemerkt, daß sie sich verstohlen eine Träne aus den Augen wischte, als sie trocken bemerkte: "Nichts weiter, bin bloß wieder einmal abgeblitzt". Ich wußte, daß Babs auf der Suche nach einer neuen Beziehung war, und forderte sie auf, zu erzählen. Sie winkte ab, zuckte die Achseln, meinte, es sei immer wieder dasselbe Spiel, sie lerne eine tolle Frau kennen, man fände gute Gespräche und gemeinsame Interessen, aber sobald ihr Interesse über das übliche Maß einer freundschaftlichen Ebene hinausginge, käme unweigerlich die Zurückweisung. "Ich bin eine dicke, unattraktive Frau, einfach nicht androgyn genug" versuchte sie es burschikos herunterzuspielen. 

Mitfühlend hatte ich zugehört, sagte: "Red keinen Blödsinn, du bist attraktiv, die Richtige muß dich nur erst noch finden!" Dankbar lächelnd, aber wenig überzeugt antwortete sie: "Du bist blöd, aber trotzdem danke!" - und dann wandten wir uns anderen Themen zu, erzählten uns, welchen Typ Frau jede von uns besonders anziehend fände, wie sexy die Barfrau aus dem Café sich in letzter Zeit kleidete, alberten herum und kicherten, daß wir wie Mumien eintrocknen würden, wenn nicht bald etwas geschähe. Mitten in diese Blödelei hinein sagte ich keck: "Bevor das passiert, Süsse, werden wir uns gegenseitig ficken, so eine eingestaubte Möse ist nichts für gestandene Lesben, wer will schon mit eingetrocknetem Radiergummi zwischen den Beinen alt werden" - brüllend vor Lachen malten wir uns aus, wie unsere Schenkel immer weniger geschmeidig würden, bald beim Gehen wie rostige Scharniere klingen würden und überlegten, welche Ölsorten unsere Gelenke geschmeidig und uns vor solchem Ungemach bewahren könnte... mitten in unseren albernen Witzen war da plötzlich ihre Hand. Ich erinnere mich nicht mehr, wann die Bedeutung ihrer Berührung sich änderte, ob es meine Bemerkung, der monatliche Ölwechsel stünde an, ob es ihre frivole Frage, ob ich Hilfe beim Wechseln der Zündkerzen brauche, ob es die Hitze, ihr plötzlich fragender Blick waren, die mich ernst und mit allen Sinnen plötzlich wach sein ließen. 

Da war ihre Hand: warm, etwas schwielig, kräftig, die auf meinem nackten Knie lag, da waren unsere Augen, die sich ineinander verirrten, da waren meine Schenkel, die sich leicht verschwitzt anfühlten, dann das erste, zögernde Wandern ihrer Haut auf meiner, das Prickeln auf der Innenseite meines Oberschenkels, Schweiß, der mir plötzlich auf der Stirn stand... und ich ertrank in diesem Blick ihrer strahlend hellen Augen, hörte ihren Atem laut, schwer werdend, lehnte mich ihr sacht entgegen, Lippen, die einander hauchzart berührten, Zungen, die einander umspielten, und um uns herum die Geräusche eines viel zu warmen Sommertages, dem Tag, an dem ihre Hand den Weg hinauf in meine Mitte fand, Löckchen ertastete, Ritzen erforschte, in Feuchtigkeit eintauchte. Aufrecht saßen wir da, kaum verborgen hinter dem Rhododendron, und ich zerfloß unter ihren Berührungen, meine Schenkel nun weit geöffnet unter dem leichten Rock, mein Becken zitternd und sich ihr entgegendrängend, wir nahmen kaum wahr, wenn jemand im Vorbeigehen einen Gruß zu uns herüberwarf, konnten unsere Augen nicht mehr voneinander lösen, und ich nahm sie auf, spürte sie eindringen, ihre forschenden Finger eintauchen in meine Tiefen, naß, gleitend, spielerisch wie ein Schwarm Delfine in einer warmen Bucht, immer tiefer... ich erinnere mich nicht mehr, wie lang dieses Spiel dauerte, ob sie ihre Hand nach zwei, drei, hundert sich überschlagenden Flutwellen aus mir herauszog, eine rote Spur auf meinem Schenkel hinterlassend - macht nichts, lachte sie, als sie einen blutigen Tropfen kostete, mich küßte, ich erinnere mich nicht mehr daran, wann wir ins Bett fanden und ich ihre Haut schmeckte, nur daß sie gut war, so warm, so duftend, und wie ich in ihrer üppigen Wärme versank. 

Sie war eine leidenschaftliche Frau, die sich ohne Scheu hingeben konnte, weit gespreizt ihren Saft meinen Lippen anbot, sich austrinken ließ und mich keuchend vor Lust mit ihren kräftigen Schenkeln umarmte, bis mir die Luft wegblieb, und wir kämpften schwer atmend unsere Lust miteinander aus, ineinander verschlungen, ich ruhend auf ihren weichen, schweren Polstern, und als sie mich bat, so tief wie nur möglich in sie einzutauchen und dabei ihren Unterleib eine Handbreit über dem Schambein zu pressen und zu massieren, folgte ich fasziniert ihren Bewegungen innen und außen, sah, wie sie sich auflöste, den Kopf in die Kissen wühlte, sich in den Laken verkrallte und dann ausfloß, schreiend, wimmernd, in immer wiederkehrenden Orgasmen ihre Nässe über meine Hand ergoß. Wie stark ich mich fühlte, wie unendlich schöpferisch, wie glücklich, daß ich es war, die sie zur höchsten Lust bringen durfte!

Spät am Abend, wir lagen erschöpft ineinander geschmiegt, meine Hand ruhte in ihrem Schoß, war warm und ein wenig schrumpelig vor Nässe, wir schliefen halb, hörte ich sie flüstern: "Und wenn ich mich jetzt verliebt hätte?"

Er ist vergangen, dieser Sommer, und mit ihm der Rausch. Manchmal denke ich daran zurück, höre Babs' herzhaftes Lachen, träume von weichen, feuchten Rundungen und weiß, daß ich damals, vor vielen Jahren, an diesem heißen Sommertag ins Leben zurückgekehrt bin.

Geschrieben

Oh Gott, es ist unwichtig, ob Mann oder Frau, es liest sich so unschuldig und hingebungsvoll wie man es nur in jungen Jahren erlebt. Mein Herz ist aufgegangen und auch ich erinnere mich an einen besonderen Sommer, der jetzt 20 Jahre zurück liegt. Sentimental und schön, danke! 🤗

Geschrieben

Wirklich schön geschrieben ✍️😊

Geschrieben

Faszinierend 🤤

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