Jump to content

Ist Trauerzeit out?


Si****

Empfohlener Beitrag

Geschrieben

Jeder Mensch trauert anders, jeder hat andere Werte. Das eigentliche Problem ist. meiner Meinung nach, nicht wie stark die Bindung zwischen den Partnern war, sondern in erster Linie, das was uns gelehrt wurde.
Ich kann wenn ich einen geliebten Mensche verliere mich neu orientieren um nicht vor die Hunde zu gehen, oder mich "einmauern" und nur noch Scheuklappen tragen. Das muß jeder für sich entscheiden.
Doch da was uns in der Kindheit gelehrt wurde sitzt tief in uns verwurzelt.
Nicht jeder macht die Entwicklung des anderen mit und kann in dessen Leben sehen. Also wird erstmal vorausgesetzt das entweder die Beziehung nicht lief oder vorher schon was war. die Leute zerreisen sich immer ihre Mäuler wenn andere nicht so handeln wie es in ihrem Spatzenhirn zu sein hat.
Aber das Leben hat eigene Regeln die meist mit dem was uns einst beigebracht wurde, nichts zu tun haben. Wir werden schon genug eingezwängt in allerlei Schubladen und Konvensionen, das wir nur zu selten auf das hören was wir eigentlich selber wollen. Es ist vorgefertig.
Ich habe große Achtung vor den Menschen die sich davon nicht beirren lassen und das tun was ihnen gut tut. Denn schließlich lebt jeder sein Leben nur einmal und keiner kann ihm seine Gedanken/Trauer/Sorgen abnehmen, also dann hat er auch seine Recht/Pflicht darum zu kümmern das es ihm gut geht.
Was die anderen sagen/denken ist deren Problem und nicht das seine.
In diesem Sinne denke ich an die "Ärzte" "lass die Leute reden, denn solange sie reden machen sie nichts schlimmeres."


Geschrieben

wie man (s)eine Trauerzeit gestaltet ist sicher davon abhängig wie man Abschied genommen hat bzw. nehmen konnte. ... ob man einen Abschluss gefunden hat oder alles noch in der Schwebe blieb.

Meine Situation: Meine Frau hatte in der Zeit, in der wir uns kannten, gute und schlechte Phasen gehabt. Phasen wo die Ärzte sagten dass es zu Ende geht und wo es wieder besser, sogar sehr gut wurde. Bevor der Tod das nächste Mal an die Tür klopfte. Die reinste Achterbahn. Wir (d.h. hauptsächlich meine Frau) haben uns also immer wieder mit dem Tod beschäftigt.
Allerdings erst das letzte Jahr erst richtig intensiv.

Als meine Frau ihre Erstdiagnose bekam hat sie sich intensiv mit dem Thema (Brust-)Krebs auseinander gesetzt. Sie wußte um fast jede mögliche Behandlung und welche Chancen damit verbunden waren. Natürlich war ihr auch wichtig zu wissen wie andere mit dieser Situation umgingen und so besorgte sie sich den Film "Lebenskünstlerinnen, Sieben Frauen - Ihre Erfahrungen mit Krebs". Als ihr Tod dann wirklich an stand besorgte sie sich den Folgefilm "Bilder, die bleiben (ein Dokumentarfilm über Abschied und Tod)". Und so wie es dort geschildert wurde ist es ihr auch ergangen: Achterbahn der Lebensqualität mit vielen Freunden, die jedes mal Abschied nahmen wenn es dem Ende zu ging. Als schließlich klar war dass es nicht wieder aufwärts ging wurden die Abschiede allerdings ernster und intensiver. Die letzten vier Wochen hatten wir sehr viele Besucher. und so wie die Freunde Abschied nahmen, nahmen auch wir Abschied. mit viel Verbundenheit und im Bewusstsein was passieren wird. Meine Frau hat noch selber ihre Trauerfeier mit dem Pastor besprochen und genau geregelt was sonst noch nach ihrem Tode alles passieren soll. Angefangen von vorgefertigten Abschiedsmails mit Verteilerlisten, bis hin wo ihre Asche verstreut werden soll). Und sie hat sich auch sehr konkret dazu geäußert was ich nach ihrem Tode machen soll: Dass ich mir eine neue Frau suchen möge, mit der ich so glücklich werde, wie wir es waren. (Ich solle bloß nicht vor ihrem Tod mit der Suche anfangen )
Sie starb in meinen Armen, wie sie es sich gewünscht hatte.
Wir haben über Wochen Abschied genommen, so dass ich, als sie starb, auch wieder (fast sofort) offen für Neues sein konnte.

Natürlich gab es dann noch einiges zu regeln, aber danach ging das Leben weiter bzw. jetzt waren für mich auch neue Sachen angesagt. Ich habe die Wohnung nicht von allen ihren Sachen geräumt, eher habe ich alles liegen lassen. so muss noch vieles irgendwann weggeräumt und weggegeben werden. Vielleicht habe ich auch etwas Angst vor der Leere und so räume ich den Kleiderschrank doch noch nicht aus. Oder es ist Faulheit und es ist ja noch nicht notwendig zu sortieren.
Trotzdem bin ich offen für neue Bekanntschaften und halte nicht an meiner Frau fest.
Und trotzdem ist sie natürlich auch noch präsent. Es war eine intensive Zeit, die mich und mein Leben geprägt hat. Das werde ich nicht einfach ablegen können. Im Gegensatz zu einer geschiedenen Ehe/ Partnerschaft weiß ich aber dass meine Beziehung definitiv zu Ende ist.

Aktuell bin ich auf der Suche. Auf der Suche nach unbekanntem Neuen, und auf der Suche nach dem Bekannten (in neuer Form). Was auch immer das Leben für mich bereit hält.

Und für die Spiritisten: Ich denke meine Frau ist nicht eifersüchtig, da wo sie ist, sondern sorgt eher für mich.
Es gab schon Ereignisse, wo mein Gefühl war: da hat meine Frau für mich gesorgt. Wie auch immer das geht.


Geschrieben

Lustger Witwer, das hast du wunderbar beschrieben und endlich leuchtet mir dein Nick ein!!!! Er ist eine Remineszenz an deine Frau, verdeutlicht aber auch, dass du wieder genießen kannst und willst.


Ja, vermutlich trauert man bei unheilbar Kranken die ganze Zeit schon, so dass der Tod irgendwann nur noch Erlösung ist - für beide!

Ich weiß nicht, ob jemand am Mittwoch bei Stern-TV diese unglaubliche ALS-Patientin gesehen hat. Sie weiß, dass ihre Zeit sehr begrenzt ist und es immer schlimmer werden wird, dennoch strahlt sie eine beeindruckende Kraft und Lebensfreude aus, Wahnsinn!!!!
Sie sagte, sie wird auch am Ende noch versuchen, künstlich beatmet und nur noch über augengesteuerte Computer am familienleben teilzunehmen. Denn ihr Geist sei ja noch wach und ihre Kinder und ihr Mann bräuchten sie noch. Das hatte mich echt zum Nachdenken gebracht, denn ich würde in der Situation dem Leid lieber ein Ende setzen wollen.


Geschrieben

Wer hier aktiv ist, kann eigentlich toleranterweise nur eine Meinung dazu haben: Jeder soll und darf tun, was ihm entspricht. Niemand hat das Recht sich einzumischen und jemanden zu verurteilen, nur weil er sein Leben führt, so wie er das denkt, fühlt und möchte.

Allerdings ist es eine Überlegung wert, mit Rücksicht auf die Gefühle von anderen Angehörigen, den neuen Partner nicht zu früh in den Vordergrund zu spielen. Der muss aber einverstanden sein. Man muss das besprechen. Sonst fühlt sich der neue Partner übegangen und zurückgesetzt.

Man sieht: jeder Fall ist individuell, jeder Fall ist ganz konkret. Jeder muss es selbst wissen.

Und - ebenso toleranterweise (jetzt nehme ich meinen Satz von oben wieder zurück): Klar kann man auch als Mitglied von poppen.de mit jedem Hanswurst ins Bett gehen und dennoch ein moralischer Spießer sein, der sich permanent in das Leben anderer einmischt.

Nebenbei: Wir hatten lange keinen bigotten und voll bekloppten Fremdgeh-Thread mehr...


Geschrieben

@ Mandarina7...danke sehr.


Mein Mann und ich hatten uns auch mit dem Thema Tod beschäftigt, weil meine Eltern beide in kurzer Zeit gestorben waren.
Wir hatten auch besprochen, dass keiner von uns alleine bleiben soll, sondern wieder glücklich werden soll und dazu gehört auch ein neuer Partner.
Allerdings hatte natürlich keiner von uns gedacht, dass einer von uns ( in diesem Fall ich) sich so schnell mit dem Thema beschäftigen muss.

Ich denke, es macht auch einen riesigen Unterschied, ob man Zeit hat ( bei einer Krankheit, wo man das Ende kennt) sich zu verabschieden, oder ob ein geliebter Mensch ganz plötzlich aus dem Leben gerissen wird.

Ich habe auch nur zur Beerdigung schwarz getragen, und sonst das, wozu ich Lust hatte. Ich bin auch nicht jeden Tag zum Friedhof gerannt. Ich brauche keinen bestimmten Platz um an meine Lieben., die ich verloren habe zu denken.

Bei mir war es dann so, dass mein Umfeld sich gefreut hat, als ich wieder einen neuen Partner hatte. Sogar die Eltern von meinem verstorbenen Mann, die sich auch mit meinem jetzigen Partner sehr gut verstehen.

Im großen und ganzen denke ich, man soll auf sein Herz hören. Der eine ist eher bereit sich zu binden, bei dem anderen dauert es länger und manche können sich gar nicht vorstellen, wieder eine Partnerschaft einzugehen


Geschrieben

@Deichziege: Schön, dass du diese Schicksalsschläge so gut gemeistert und wieder neues Glück gefunden hast! Wie ist das nach ein paar Jahren: Denkst du an deinen Mann wie an eine verflossene Beziehung oder ist da immer noch Trauer mit dabei?

@Lichtschimmer: Ich weiß nicht, wo du herausgelesen hast, dass irgendjemand hier ein "moralischer Spießer" ist und obendrein "mit jedem Hanswurst" poppt? Falls du konkret mich damit meintest - deine Äußerung ist wieder einmal von unglaublicher Arroganz, inhaltlich hinsichtlich der Promiskuitivitätsunterstellung falsch und ich wüsste auch nicht, wo ich verurteile. Ich setze mich mit dem Thema auseinander, könnte nicht mal für mich vorausschauend sagen, wie ich im Ernstfall reagieren würde und habe auch meiner Freundin gegenüber geäußert, dass es sehr gute Gründe geben könnte, warum ihr Nachbar so schnell "Ersatz" hat!


Geschrieben

@ Sinnliche

Es ist unterschiedlich, wie ich an ihn denke. Er ist immer noch Bestandteil meines Lebens. Alleine, wenn ich meinen Sohn ansehe, dann sehe ich meinen Mann.
Ich kann aber ganz normal über ihn reden, ohne dass mir die Tränen kommen. Aber gestern, als ich dieses Thema im Forum fand, waren auch nachdenkliche und traurige Gedanken dabei, gerade, weil wir gestern auch noch Hochzeitstag hatten.
Die Zeit heilt die Wunden nie ganz, aber man lernt mit dieser Wunde im herzen zu leben.

Auch in meinem Freundeskreis reden wir über ihn und lachen über den Blödsinn, den er gerne gemacht hat.

Was ich aber auch schön finde, ist, dass mein jetziger Partner nie ein Problem damit hatte. Er bestand auch darauf, dass ein großes Bild, wo mein Mann mit meinem Sohn drauf ist, an der Wand bleibt.


Geschrieben

Wie schon oft geschrieben wurde, jede/r trauert anders.

Ich habe vor nicht allzu langer Zeit meinen Vater verloren. Er war für mich der wichtigste Mensch in meinem Leben, ein Freund, ein Vertrauter, mit dem ich über ALLES reden konnte. Und umgekehrt war es genauso. Auch wenn uns fast 400 km getrennt haben, wir hatten täglich Kontakt.

Meine Mutter verstarb vor gut 3 Jahren, war ein absoluter Pflegefall. Mein Vater konnte das Haus nur verlassen, wenn jemand da war, der in der Zwischenzeit nach meiner Mutter sah. Sie war u.a. dement und hätte ohne Aufsicht weiß Gott was fabriziert, solange sie nicht ans Bett gefesselt war. Später war sie vom Hals abwärts gelähmt und verstummt, konnte keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen, flüssige nur mit Mühe und viel Geduld, weil der Schluckreflex wegging. Die letzten 4 Tage konnte man ihr nicht mal mehr tropfenweise Wasser geben, weil selbst der Tropfen sofort angeatmet wurde. Es war furchtbar und als meine Mutter starb, war es für alle eine Erlösung. Die Schmerzen, die Qualen, die sich durchleiden musste, waren vorbei. Die Verzweiflung, ihr nicht helfen zu können, um das Leiden zu beenden, ebenfalls. Man war dankbar, sie gehabt zu haben und dankbar, dass sie endlich die Augen schließen durfte. Der Verlust hat uns allen weh getan.

Hätte mein Vater sich eine neue Partnerin gesucht, hätte ich es akzeptiert und mich für ihn gefreut. Ich weiß, dass auch meine Mutter gewollt hätte, dass er nicht allein bleibt. Meine Eltern waren über 61 Jahre miteinander verheiratet, die Liebe blieb erhalten, in guten und in schlechten Tagen.

Meine Meinung: Ob und wann sich jemand einen neuen Partner oder eine neue Partnerin sucht, ist allein die Angelegenheit dieses Menschen. Sich als Angehöriger einzumischen, dagegen zu opponieren oder gar den neuen Partner/die neue Partnerin anzufeinden, finde ich nicht ok. Ich würde es mir für mich auch verbitten.

Ich weiß genau, dass mein Vater meine Mutter nicht vergessen hätte, auch wenn eine neue Frau in sein Leben getreten wäre. Und ich hätte diese Frau willkommen geheißen. Schließlich ist meine Mutter damals gestorben und nicht mein Vater. Der verbleibende Partner hat ein Recht auf ein neues Glück und eine neue Liebe, egal, wann sie "einschlägt".

Was die Trauerkleidung angeht: Zur Beerdigung würde ich schon schwarz oder zumindest gedeckte Farben tragen. Ansonsten trauere ich in meinem Herzen, egal, welche Farbe meine Kleidung hat.


Geschrieben

Ob und wann sich jemand einen neuen Partner oder eine neue Partnerin sucht, ist allein die Angelegenheit dieses Menschen. Sich als Angehöriger einzumischen....


Ich musste das bissel kürzen.
Sicherlich haben alle, die das hier schrieben, Recht, daß es die alleinige Entscheidung des verwitweten Parts ist, ob und wann sich jemand einen neuen Partner "sucht".
Aber was mir bei dem Thema durch den Kopf geht ...

Und ich hätte diese Frau willkommen geheißen.


Ganz ehrlich, wäre das auch so gewesen, wenn dir dein Vater z.B. 3 Wochen nach dem Tod eine neue Frau an seiner Seite vorgestellt hätte?

Mir persönlich fällt genau dieser Gedanke schwer. Mein Vater hat sein nunmehr fast 2 Jahren das Bewusstsein, daß seine Frau ihre Krankheit nicht besiegen kann. Sprich er wird sie irgendwann verlieren.
Natürlich hätte mein Vater dann das Recht auf ein neues Glück, eine neue Liebe und ich weiß auch, daß er meine Mum niemals vergessen würde.
Aber .... mir ganz persönlich würde es sehr sauer aufstossen, wenn mir mein Vater ganz knappe Zeit nach dem Tod seiner Frau eine Neue präsentieren würde.
Warum?
Weil`s für mich den Eindruck machen würde, daß es diese Frau schon länger an seiner Seite gibt, sprich auch zu Lebzeiten meiner Mum.

Ich kann`s nur aus meiner Warte, von meinen Gefühlen her beschreiben und mir als "Kind" würde dieser Gedanke nicht gefallen .


×
×
  • Neu erstellen...